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Ein kurzer Rückblick auf 40 Jahre HWB

Die Notwendigkeit der HausWirtschaftlichen Beratung war immer offenkundig und doch haben sich die gesellschaftlichen, politischen und ökonomischen Rahmenbedingungen für dieses besondere Ehrenamtsprojekt in den letzten 40 Jahren tiefgreifend gewandelt. Blicken wir zurück in das Gründungsjahr 1982, um zu ergründen, warum gerade in dieser Zeit die HausWirtschaftliche Beratung begann: 

Neue Technologien, Rationalisierungsmaßnahmen, Wirtschaftskrisen und struktureller Wandel in den Wirtschaftssektoren ließen seit Beginn der 1980er Jahre das Gespenst der Massenarbeitslosigkeit entstehen – ein Schock nach den historisch niedrigen Arbeitslosenquoten der vorangegangenen Jahrzehnte.
Arbeitslosigkeit wurde zur wichtigsten Ursache von Armut und sozialen Notlagen, die in dem Begriff der „Neuen Armut“ ihren Ausdruck fand. Wirtschaftliche Rezession und hohe Preissteigerungsraten führten zu realen Einkommensverlusten.
Hinzu kamen Maßnahmen der Deregulierung des Sozialstaates: Sozialleistungen wurden zur Konsolidierung des Staatshaushalts deutlich zurückgefahren. Noch eine andere Entwicklung prägte diese Zeit: die wachsende Verbreitung von Konsumentenkrediten. Durch technische Neuerungen bei Haushaltsgeräten, Gütern für Freizeit, Unterhaltung und Verkehr kamen immer mehr Güter auf den Markt, die mit Krediten finanziert wurden. Plötzliche Einkommensrückgänge, unvorhergesehene Ereignisse oder auch eine langandauernde prekäre Einkommenssituation führten in bisher ungekanntem Maße zur Ver- und Überschuldung privater Haushalte. Schuldbeitreibungsmaßnahmen wie Pfändungen und Zwangsvollstreckungen taten ein Übriges, um die wirtschaftliche Not von Familien zu vergrößern. 

Soziale Not und scheinbare Ausweglosigkeit trieb engagierte Frauen an, allen voran Almuth Tauche, die damalige Leiterin des Allgemeinen Sozialdienstes der Stadt München, nach Lösungen zu suchen. Die zündende Idee: Frauen mit hauswirtschaftlichen Kompetenzen sollen mit denen zusammengebracht werden, die Defizite darin haben, die Versorgung in einem Haushalt dauerhaft sicherzustellen. Die HausWirtschaftlichen Beratung für verschuldete Haushalte war geboren. Almuth Tauche bereitete damit den Weg für die wichtigsten Merkmale, die die HWB bis heute prägen: die Bedeutung der Hauswirtschaft als Wesenskern für Lebensqualität und zugleich die Anerkennung der Tätigkeiten der Helferinnnen und Helfer als bedeutsame professionelle Arbeit, auch wenn sie ehrenamtlich geleistet wird. 

In den folgenden Jahren wurde die HWB immer weiter ausgebaut, sie wurde vom Münchner Stadtrat anerkannt und gefördert und wurde mit einer hauptamtlichen Doppelspitze eine Institution im Gefüge der sozialen Einrichtungen der Stadt. Durch die Kooperation mit dem Studiengang der Ökotrophologie der Technischen Universität München-Weihenstephan wurde die HWB einer wissenschaftlichen Untersuchung unterzogen. Qualitätssicherung und Professionalisierung der HWB waren seitdem wichtige Pfeiler, um den Erfolg der HBW langfristig sicherzustellen. 

Nichts ist so stetig wie der Wandel. So musste sich die HWB immer wieder auf neue Strukturen und Problemlagen einstellen. Eine große Herausforderung war zweifelsohne die Abschaffung des alten Bundessozialhilfegesetzes und die Einführung des Arbeitslosengeldes II im Jahr 2005. Die Unterstützung der Ratsuchenden bei der Sicherstellung ihrer finanziellen Existenzgrundlage war Neuland und bedurfte besonderer Kenntnisse in der HWB. Weitere große gesellschaftliche Themen wie Migration und Digitalisierung veränderten erneut die HWB: Die Ehrenamtlichen kümmerten sich immer mehr um ausländische Haushalte, bei denen Sprachbarrieren überwunden und kulturelle Besonderheiten in die Beratung integriert werden mussten. Die Digitalisierung, die neuen Möglichkeiten der Einkaufs- und Zahlungsweisen, neue Verbraucherfallen und Betrugsmaschen, aber auch die damit verbundene soziale Ungleichheit – in diesen Themen sind die Ehrenamtlichen ebenfalls gefragt. 

Weitere gesellschaftliche, politische und ökonomische Entwicklungen werden kommen und die Arbeit der HWB erneut verändern. Die Aufgaben der Haushaltsführung sind ständig neuen Herausforderungen unterworfen. Doch das Ziel der HWB, zu einer Verbesserung der Lebensqualität der Ratsuchenden beizutragen, gilt seit 40 Jahren und hat nichts an Aktualität eingebüßt. 

Dr. Tatjana Rosendorfer, ehemalige freie Mitarbeiterin des Vereins für Fraueninteressen e.V.
Ehrenamtliche von 2009 bis 2019

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